Kategorie Wertschöpfungsketten & Kooperationen

„Gemeinschaftsbiogasanlagen“, Agrokraft GmbH, Rhön

Über den Bewerber

Die Agrokraft GmbH aus der Rhön hat sich zum Ziel gesetzt, die Entwicklung ihrer Region in eine nachhaltigere Richtung zu lenken und gleichzeitig die Wertschöpfung im ländlichen Raum zu erhöhen. Ihre Biogasstrategie, bündelt Ressourcen und vernetzt Menschen vor Ort miteinander. Statt vieler kleiner Biogasanlagen besser eine große Gemeinschaftsanlage betreiben.

Die Idee – Gemeinschaftsbiogasanlagen zur Diversifizierung der Betriebe

Die Agrokraft GmbH setzt sich dafür ein, dass unabhängige Gemeinschaftsbiogasanlagen im ländlichen Raum entstehen, die aus einem Zusammenschluss von regionalen Landwirt*innen betrieben werden. Dabei übernimmt die Firma Agrokraft die konzeptionelle Planung und Entwicklung, sowie die Vernetzung aller Akteure und Biogasgemeinschaften. Die grundlegende Idee ist einfach: Nicht jeder Betrieb benötigt eine eigene Biogasanlage und eine Gemeinschaftsbiogasanlage trägt zur Diversifizierung vieler Betriebe bei.

Durch die Gründung von Gemeinschaftsbiogasanlagen minimiert sich das ökonomische Risiko für die einzelnen Betriebe, und der Anteil am anzubauenden Biogassubstrat verringert sich für die einzelnen Akteure. Die Landwirten*innen können so ihre Betriebe diversifizieren, was ihre Resilienz erhöht. Durch die Bündelung wird der Anlagebau auf das Notwendigste reduziert und die Flächenversiegelung verringert. Die Gemeinschaftsanlagen sind optimiert gebaut, so dass Gas, Wärme und Gärsubstrat sinnvoll genutzt werden. Bei vielen kleineren Biogasanlagen fehlt die Nutzung aller Komponenten, oft bleibt die Wärme ungenutzt und es ist mehr Gärrest auszubringen, als für die Flächen eines Betriebes sinnvoll ist.

Ein großer Vorteil für die Biodiversität ergibt sich aus der Anbaudiversifizierung. Um den Anbau von Mais zu verringern, unterstützt die Firma Agrokraft die Nutzung von alternativen Biogassubstraten. Im Landkreis Rhön-Grabfeld werden bisher 120 ha „Veitshöchheimer Hanfmix“ angebaut - eine mehrjährige, artenreiche Blühmischung. Das Ziel ist es, möglichst viel Biodiversität mit möglichst hohem Gewinn an Biogas zu verbinden. Da der "Veitshöchheimer Hanfmix" weniger Ertrag bringt als Mais, wird der Anbau des Hanfmixes finanziell unterstützt. So ersetzt der Hanfmix einen Teil des Maises und ist ein Gewinn für die Artenvielfalt. Anfang des Jahres werden Substrate aus Pflanzensilage in die Biogasanlage eingebracht, im Sommer der Veitshöchheimer Hanfmix und im Herbst Mais, im Winter wieder Silagen aus den Pflanzen.

Aktuell sind fünf Biogasgemeinschaften mit 150 Landwirt*innen realisiert worden, sowie eine Abfallbiogasanlage unter Beteiligung von Landwirten*innen, Kommunen und regionalen Unternehmen. Alle Anlagen nutzen neben dem Biogas und dem Gärsubstrat auch die Wärme, die im Prozess entsteht. Die Agrokraft unterstützt eine Bürger-Energiegenossenschaft bei der Gründung. Eine weitere Genossenschaft, die die Abwärme der Biogasanlage durch eine Nahwärmenetz nutzbar macht. Die Gemeinden in der Region profitieren von den Genossenschaften durch eine günstige Wärmeversorgung und die Schaffung von Arbeitsplätzen.

 

„Nibelungenkorn“, AGGL, Odenwald

Über den Bewerber

Die Arbeitsgemeinschaft Gewässerschutz und Landwirtschaft (AGGL) im Odenwald berät Landwirt*innen und kommunale Wasserversorger zu grundwasserschonender Bewirtschaftung. Ziel ist es die Europäische Wasserrahemnrichtlinie (WRRL) umzusetzen und die Stoffeinträge in im Grundwasser zu reduzieren. Gemeinsam mit Landwirten wurde der Anbau von Dinkel, Einkorn und Emmer gestartet. Die Produkte aus den Urgetreidearten werden unter dem Namen "Nibelungenkorn" vermarktet.

 

Die Idee - Standortnachteile werden zum Vorteil

In Kooperation mit lokalen Landwirt*innen einem Müller und dem Wasserwirtschaftsamt hat die AGGL das Projekt „Nibelungenkorn“ im Geo-Naturpark Odenwald 2015 ins Leben gerufen. Ausgangspunkt der Idee war die Verringerung von Nitrat, Phosphat und Pestiziden im Wasser. Als Lösung wurden  alternative Getreidesorten gefunden, die den herkömmlichen Backweizen ersetzen und unter den Bedingungen in den Mittelgebirgen konkurrenzfähig sind.

Beim „Nibelungenkorn“ handelt es sich um die Urgetreidearten Emmer, Einkorn und Dinkel. Sie sind weniger ertragreich, als die heutigen Züchtungen von Weizen und Gerste. An die Standortbedingungen in den Mittelgebirgen angepasst, wachsen sie ohne mineralischen Dünger und Pestizide.

Das Nibelungenkornes wird regional im Geopark Odenwald angebaut. Ökologisch wie konventionell wirtschaftende Landwirte sind beteiligt. Um dem hohen Qualitätsanspruch gerecht zu werden und einen standortverträglichen Anbau zu fördern, verpflichten sich die Landwirt*innen freiwillig dazu, auf den Anbauflächen des Nibelungenkorns bestimmte Richtlinien einzuhalten.

Beim Anbau wird die Stickstoffdüngung reduziert und auf Spätdüngung verzichtet. Die Nährstoffe in Gülle und Mist werden zu 100% angerechnet. Zusätzlich wird vor und zum Anbau des Nibelungenkorns auf chemischen Pflanzenschutz verzichtet. Für die Nachernte wird max. 40 kg NO3N/ha angestrebt.

Abnehmer für das Nibelungenkorn ist die Herrnmühle in Reichelsheim welche einen festen Preis, gekoppelt an den Weizenpreis, zahlt. Dadurch entfallen zusätzlichen Förderungen. Die Mühle wird durch Wasserkraft angetrieben und benötigt keine fossilen Brennstoffe. Der Weg zu den lokalen Backstuben zur weiteren Verarbeitung ist kurz und spart damit CO² eingespart.

Die Wertschöpfungskette, vom Anbau des Nibelungenkorn, über die Verarbeitung und die Veredelung des Getreides findet in der Region statt. Viele Bäckereien verkaufen Produkte aus "Nibelungenkorn". Diese sind speziell gelabelt. Die AGGL hat die Bevölkerung auf vielen Wegen zum Projekt informiert, so dass der höhere Preis akzeptiert wird.

Das Projekt plant für die Zukunft weitere Produkte zu etablieren, u.a. Getreidekaffee und Brände. Auf Informationstagen wird stetig der Kontakt zur Öffentlichkeit gesucht, um über die Zusammenhänge von Landwirtschaft und Kulturlandschaft zu informieren und die Bevölkerung für die Herausforderungen der Zukunft, wie dem Klimawandel, zu sensibilisieren. Das schafft Akzeptanz in der Bevölkerung und die Produkte lassen sich entsprechend verkaufen.

"Streuobstschätzle", LEV-SBK, Schwarzwald

Über den Bewerber

Streuobstwiesen zählen zu den artenreichsten Biotopen im Offenland und stellen in Zeiten, in denen die Landschaft immer weiter an Struktur verliert, Oasen der Biodiversität dar.
Der LandschaftsErhaltungsVerband Schwarzwald-Baar-Kreis e.V. (LEV SBK) aus dem Schwarzwald hat sich zum Ziel gesetzt, die traditionsreichen Streuobstwiesen zusammen mit der lokalen Bevölkerung zu erhalten, zu pflegen und ihnen eine Bedeutung zukommen zu lassen.

Die Idee - Renaissance der Streuobstwiesen als Gemeinschaftsprojekt

Streuobstbestände erhalten und mit dem Obst Saftschorlen zu einem realistischen Marktpreis herstellen, verwirklicht der LEV mit seinen Kooperationspartnern. Das Besondere dabei ist die lokale Bevölkerung aus unterschiedlichsten Bereichen einzubeziehen. Die Menschen identifizieren sich mit der Streuobstwiese und dem Produkt. Die  Ernte mobilisiert unter anderem Landfrauen, Feuerwehr, Fastnachts- und Sportvereine sowie Grundschulklassen.

Der LEV SBK übernimmt die Auswahl der zu erntenden Streuobstflächen und die Koordinierung der Ernte des Obstes sowie die Anlieferung an die Mosterei. Kooperationspartner des Projektes ist die Firma Bad Dürrheimer Mineralbrunnen. Bei der Suche nach geeigneten Streuobstbeständen riefen Gemeindeblätter sowie der Kooperationspartner „Mineralbrunnen Bad Dürrheimer“ zur Beteiligung am Projekt auf.
Die aktuellen Flächen stammen von Privatpersonen, als auch von Kommunen und vom Land. Bei der Auswahl der Flächen wird auf extensive Bewirtschaftung ohne Einsatz von mineralischem Dünger oder Pflanzenschutzmittel geachtet. Ein weiteres Kriterium ist die Stammhöhe, denn eine Streuobstwiese definiert sich durch eine Stammhöhe von mindestens 1,60-1,80m.

Die Ernte wird zur regionalen Mosterei Grüninger in Ewattingen gebracht und der Vertrieb erfolgt in lokalen und regionalen Getränkemärkten. Auf hohe Umweltstandards wird in ger Produktionskette geachtet, so ist auch das Etikett klimaneutral gedruckt.

Seit 2018 wurde an der Umsetzung des Projektes gearbeitet, sodass 2020 die erste Schorle auf den Markt kam. Das Projekt „Streuobstschätzle“ finanziert sich über den Verkauf der Produkte. Der Ankaufpreis des Obstes wurde realistisch, den Erntebedingungen entsprechend angepasst, sodass die ehrenamtlichen Helfer 20 € / 100 kg für ihr Streuobst erhalten – drei Mal so viel wie der reguläre Verkaufspreis von Obst in der Region. Aus dem Verkauf fließen 10 Cent pro Flasche als Spende in Naturschutz- und Streuobstprojekte. Bestehende Streuobstbestände werden durch das Projekt nachhaltig gepflegt, so ist ein Baumschnitt von Zeit zuZeit erforderlich, um den Baum zu erhalten und den Ertrag zu optimieren. Auch alte Streuobstwiesen können wieder bewirtschaftet werden, da muss teils maschinell entbuscht werden. Eine neue Streuobstwiese wurde neu gepflanzt. Mit dem „Streuobsschätzle“ werden alte Obstsorten erhalten und eine strukturreiche Landschaft gefördert.

Die Erfahrung zeigt, dass Kund*innen gerne bereit sind, höhere Preise für regionale Produkte zu zahlen, wenn sie den Hintergrund kennen. Gleichzeitig wird die regionale Gemeinschaft gestärkt und der Bevölkerung die Zusammenhänge von Landwirtschaft und Kulturlandschaft erlebbar gemacht. Und natürlich sind Streuobstwiesen Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere, worauf der LEV ein besonderes Augenmerk hat.

 

 

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